DRK-Sozialarbeit macht aus der Not eine Tugend
Ehrenamtliche nähen zu Hause Mundschutzmasken
Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des DRK-Ortsvereins Rastatt stehen ihren Mitmenschen Tag für Tag zur Seite, um ihnen in der Not zu helfen und im Zeichen der Mitmenschlichkeit ihren Dienst zu tun. Während die DRK-Bereitschaft auch in der aktuellen Corona-Krisensituation gefordert ist und ihren Einsatz leistet, musste die DRK-Sozialarbeit aus Sicherheitsgründen sämtliche Kurse, Dienste sowie die Kleiderkammer einstellen. Doch es warten neue Aufgaben: Seit Mittwoch rattern die Nähmaschinen, denn es werden Mundschutzmasken gefertigt.
Rund 120 ehrenamtlich tätigte Frauen und Männer sind normalerweise in der Sozialarbeit des DRK-Ortsvereins Rastatt aktiv. Sie bieten Bewegungs- und Entspannungskurse, Gedächtnistraining, Gymnastik, Tanz, Yoga, Deutschund Alphabetisierungskurse, Hausaufgabenbetreuung, Seniorennachmittage, Hausbesuche, Klopfdienste, sind in der Flüchtlingsarbeit aktiv und öffnen die Kleiderkammer.
Aufgrund der drastischen Corona-Pandemie und in Abstimmung mit dem DRK-Bundes- und Landesverband hat DRK-Ortsvereinsvorsitzender Markus Merklinger aus Fürsorgepflicht gegenüber den Kursteilnehmern, aber auch den ehrenamtlichen Mitarbeitern schon vor Tagen veranlasst, sämtliche Kurse und Angebote einzustellen. „Anstatt Hausbesuche halten wir jetzt telefonisch Kontakt zu den älteren Menschen“, sagt Gisela Kunz, Leiterin der DRK-Sozialarbeit.
„Es kam zudem vom Ministerium die Vorgabe, dass über 60-Jährige nicht mehr eingesetzt werden sollen, auch nicht zum Blutspendedienst“, erklärt Kreisbereitschaftsleiter Hans-
Joachim Brüssow. Wie Gisela Kunz hinzufügte, seien 90 Prozent der ehrenamtlichen Helfer in den sozialen Diensten bereits über 60 Jahre alt. Besser sieht es aktuell noch in der DRK-Bereitschaft aus, doch die Verantwortlichen sind beunruhigt.
„Wir brauchen unbedingt jüngere Mitglieder, die sich engagieren, denn das Rote Kreuz sollte auf Dauer und auch in Zukunft funktionieren. Fördermitglieder werden ebenso gebraucht“, sagt Markus Merklinger. Die heute jüngeren Jahrgänge hätten solch eine Krise noch nie erlebt und seien daher noch nie auf so viel Unterstützung und Zusammenhalt angewiesen gewesen. Erst jetzt in der aktuellen Situation werde vielen klar, wie sehr die Menschen auf die sozialen Dienste und Hilfe von DRK, Feuerwehr und anderen Hilfsorganisationen angewiesen sei, damit nicht alles zusammenbricht. Deshalb müsse jetzt die Notwendigkeit erkannt werden, wie wichtig es sei, dass sich auch jüngere Menschen engagieren. „Bisher dachte man immer, es kann uns nichts passieren, doch nun wacht man auf und merkt, dass die Welt nicht mehr so ist, wie sie war“, sagt Merklinger.
Ideen und Möglichkeiten, um seine Hilfe anzubieten, gibt es immer. So hatten sich am vergangenen Mittwoch Ehrenamtliche aus der DRK-Sozialarbeit und einige ihrer Bekannten spontan auf die Idee von Gisela Kunz gemeldet und sich bereit erklärt, zuhause an ihren Nähmaschinen Mundschutzmasken zu nähen. „Derzeit sind es 15 Frauen, doch wir könnten noch weitere Näherinnen gebrauchen“, sagt Gisela Kunz im BT-Gespräch.
In der Kleiderkammer suchte sie nach alter Bettwäsche, Leintüchern, Tischdecken oder Stoffservietten. „Es muss waschbarer Stoff sein, der bis zu 90 Grad gewaschen werden kann“, erklärt sie. Bei sich zuhause hat Gisela Kunz den Stoff gewaschen und gebügelt, um ihn dann im DRK-Haus in der Eschenstraße den bereitwilligen Näherinnen zur Verfügung zu stellen. „Doch auch einige der Frauen hatten zuhause noch Damast-Tischdecken, die sie schon lange nicht mehr verwendet haben“, lächelt sie.
Alle Näherinnen erhielten eine vom DRK herausgegebene Nähanleitung, damit alle Masken die gleiche Größe und die vorgeschriebenen drei Falten haben. Die vier Seiten müssen mit Schrägband versäubert werden, wobei in den oberen Rand des Schrägbands ein Draht eingenäht werden muss, damit der Mundschutz an die Nase angedrückt werden kann. Auf beiden Seiten müssen Gummizüge fixiert werden, damit die Masken am Kopf befestigt werden können. Ein bisschen Kreativität darf aber auch sein, denn farblich dürfen zum Beispiel beim Einfassen des Mundschutzes Akzente gesetzt werden.
90 solcher Mundschutzmasken wurden in den vergangenen zwei Tagen bereits genäht. Die freiwilligen Näherinnen haben dafür viele Stunden an ihren Nähmaschinen gesessen, denn allein für eine Maske werde eine halbe bis eine Stunde Zeit benötigt.
Die ersten wurden bereits an das Martha-Jäger-Haus in Rastatt ausgegeben, wo alle 150 Mitarbeiter und 150 Bewohner eine erhalten sollen. „Die fühlen sich alle wohler, wenn sie so eine Maske aufhaben, auch wenn diese kein Ersatz für medizinische Mundschutzmasken sind“, sagt Gisela Kunz, die nie gedacht hätte, dass sie irgendwann Schutzmasken nähen würde. Auch Hans-Joachim Brüssow betont, es handle sich nicht um zertifizierte FFP2-Masken, sondern um einen selbst genähten Mundschutz, die nur einen minimalen Eigenschutz bieten, aber Tröpfchenübertragung reduzieren.
Die Frauen wollen weiternähen und freuen sich über alle, die sich der Nähinitiative anschließen. Und noch eine Idee setzte Gisela Kunz in die Tat um: Am Freitag ging sie mit einer großen Einkaufsliste das erste Mal einkaufen für die Bewohner des Martha-Jäger-Hauses, um ihnen ihre kleinen Sonderwünsche wie Schokolade erfüllen zu können.
Artikel aus "Badisches Tageblatt"